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Umnutzung Feldstrasse 40-42 in Zürich (76 Einheiten/ 11 Ladenlokale)
Die Liegenschaft befindet sich im Quartier Aussersihl. Dessen Stadtraum ist durch eine beidseits der Strassen begleitende, mehrheitlich geschlossene Bauweise von hoher Dichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts geprägt.
Räumlich klar gefasste Strassenräume und Innenhöfe bilden das charakteristische Gegenüber. Jedoch blieben an dessen Rändern immer wieder vereinzelt unfertige Blockrandfragmente stehen. So auch beim Blockrand an der Feld- Wengi- bzw. Kanzlei- und Schreinerstrasse.
Zunächst noch ganz im Zeichen der Gründerzeit, wurde dieses Blockrandfragment durch einen, leicht von der Feldstrasse abgerückten, Industriebau mit Ziegelfassade ergänzt. Dieser diente ab 1902 der «Vereinigten Zürcher Molkerei» als Büro- und Produktionsstätte. Eine Organisation, die 1887 von Dr. Niklaus Gerber gegründet wurde und noch heute unter dem Namen Gerber Instruments AG im zürcherischen Effretikon tätig ist.
Ende der 1970er Jahre wurde der Betrieb der Molkerei an der Feldstrasse eingestellt und der Bauentwickler Heinrich Hatt-Haller AG konnte auf dem Areal ein Grossprojekt umsetzen. So entstand 1982 anstelle des Industriegebäudes ein rund 2 – 3 mal grösseres Verwaltungsgebäude, aufgeteilt in 2 Bauetappen: Wengistrasse 30 und Feldstrasse 40/42. Zur selben Zeit wurden südlich der Liegenschaft ähnliche Grossbauten als Verwaltungsgebäude bzw. Grosswohnsiedlungen erstellt. Der Bruch zum gründerzeitlichen Blockrandquartier mit seinem prägnanten Stadtraum war eine der Folgen aus dieser Entwicklung.
Auch waren diese neuen Strukturen aus den späten 1970er bzw. frühen 1980er Jahren rein monofunktional angelegt. Eine Sockelnutzung zur Belebung des Stadtraumes war nicht vorgesehen. Mit den Verkehrsbaulinien aus dem Gründerzeitquartier wurde zudem gebrochen und die Zäsur im Stadtraum dadurch betont. Eine Entwicklung, die dann 2013 durch eine Baulinienrevision korrigiert wurde.
Etwa zur selben Zeit wurde die Liegenschaft von der ursprünglichen Eigentümerin, der Ascaro Vorsorgestiftung, an die Schweizerische Mobiliar verkauft. Die neue Eigentümerin ewarb den Bürobau mit der klaren Absicht, diesen nach Auszug des Hauptmieters zu einer Wohnliegenschaft mit Gewerbenutzungen im Sockelgeschoss umzunutzen. Dabei zahlte sich auf konstruktiver Ebene aus, dass die Rohbaustruktur des Gebäudes als offenes System konzipiert worden war: Skelettbauweise mit einem Stützenraster von 7.50 m, massiven Stahlbetondecken und einer grossteils nichttragenden Fassaden- sowie nichttragenden Innenwandkonstruktion. Zudem ermöglichte die Baulinienrevision eine merkliche Steigerung der Nutzflächen.
Alle An- und Aufbauten erfolgten mittels einer leichten Hybridbauweise aus Stahl, Beton und Holz. So konnten Verstärkungen an den bestehenden Fundamenten vermieden werden. Der Umbau punktete im Vergleich zumErsatzneubau auch bezüglich Ressourcenschonung, verkürzter Bauzeit und damit einhergehend tieferen Emissionen für die Nachbarschaft.
Auch erlaubte er, das Gebäude mit seiner Geschichte erfassbar zu machen: die Gebäudeerweiterungen und die Erschliessungskerne bleiben sichtbar, im alten und leergeräumten Sanitärblock des Bürobaus werden nun neu die Fahrräder abgestellt. Die Hauptnutzfläche konnte von 5000 m² auf 6500 m² gesteigert und die Büros in 11 Verkaufslokale im Erdgeschoss und 76 Wohnungen in den Obergeschossen umgenutzt werden. Diese werden zur Strasse hin mit hinterlüfteten Terracotta-Platten und zum Hof mit vollmineralisch verputzten Steinwolldämmplatten verkleidet.
Die Tragstruktur des kompletten Anbauvolumens wurde in Hybridbauweise erstellt: die Geschossdecken und Dächer in Leichtbauweise aus Stahlblech mit Verbundbeton, die Fassade aus vorfabrizierten Holzelementen.
Die Strassenfassade gliedert sich in Anlehnung an den historischen Kontext des Quartiers in Sockel (Erdgeschoss), Hauptgeschosse (1.– 3. Obergeschoss) und Attika (4. Ober-/Attikageschoss). Der Bereich mit den Hauptgeschossen wird durch einzelne Fassadenöffnungen über zwei Geschosse sowie durch Balkone mit den für das Gründerzeitquartier typischen Abmessungen gegliedert. Grossformatige Schiebefenster unterstützen deren Nutzung und öffnen die Wohnungen unmittelbar zum Strassenraum. Terrassenflächen nach Süden bzw. Westen ergänzen die Wohnungen des 4. Ober- und des Attikageschosses.
Die zum Hof orientierten Wohnungen weisen umlaufende Balkone von geringer Tiefe auf. Glasfaltwände wandeln bei grossflächigem Öffnen den Innen- zum Aussenraum um. So dienen die Balkone und die Aussenvorhänge auch zur Regelung der Privatsphäre innerhalb der Wohnungen.
Die Liegenschaft weist mehrheitlich kleinere Wohnstudios auf. Eine Struktur, die aber immer wieder durch grössere Wohneinheiten, die teilweise als Duplex bzw. sogar als Triplex-Wohnungen über mehrere Geschosse organisiert sind, angereichert wird. Dadurch soll ein breiterer Mix an Bewohnenden angesprochen werden und die Nutzungsattraktivität der Wohnungen, aber auch der Ladenflächen langfristig gesichert werden.
Die Wohnungen werden über innere Korridore erschlossen. Teilweise natürlich belichtet, sind diese durch Terrazzobodenbeläge, Blockfuttertüren aus massiver Eiche, Pendelleuchten, aber auch durch die diversen angegliederten Gemeinschaftsräume, wie Waschsalons, Fahrradräume sowie durch Gemeinschaftsküchen/-terrassen, Spiel- und Studierzimmer aufgewertet.
Mit den Bauarbeiten wurde im April 2018 begonnen. Die Erdgeschossräume konnten im Oktober 2019 zum mieterseitigen Innenausbau übergeben werden, die Wohnungen wurden ab März 2020 von den neuen Bewohnern bezogen.